Von den Cordillieren zum Ozean

Unser Entschluss, an diesem Tag den Pazifischen Ozean zu erreichen, ließ sich erst einmal nicht ganz so schnell umsetzen. Unserer Weiterreise stand erst einmal erneut das platte Hinterrad von Öcis XR entgegen. Das Ventil war bereits wieder halb schräg reingezogen, also stand erneuter Ausbau auf dem Programm. Der Reifen musste sowieso einseitig von der Felge, um das Ventil auszurichten, da sahen wir schon das Dilemma: Beim Montieren war der nagelneue Schlauch gezwickt worden.

Zum Glück wusste Julio Hilfe. Ein paar Kilometer unten im Tal half der alte Vulkaniseur trotz seiner geschlossenen Werkstatt am Samstag, beide Schläuche heiß zu vulkanisieren. Nach der Montage des Reifens stand unserem Aufbruch zum Pazifik nichts mehr im Wege? Oh doch, der Füllstand unserer Tanks. Wir wussten, dass es hier oben keine Tankstellen gibt. Daher teilten wir den 10Liter Kanister auf und schon konnte es los gehen zu dem bis dahin schönsten Fahrtag.

Nachdem wir uns wieder daran gewöhnt hatten, ohne GPS nur mit Sonnenstand und landkarte zu recht zu finden, waren die ersten 100km des Tages mit hohem Asphalt-Anteil genommen. Nach der Mittagspause juckte es uns so in den Händen, dass wir kurzerhand die Route änderten und auf einer längeren, aber reinen Gelände-Etappe das Meer erreichen wollten.

Was in uns wahre Begeisterung hervorrief, war der bis zu 100km ins Land hinein reichende pazifiknahe Staatsforst mit exzellentem Wegenetz, gut befestigten Schotter wegen und kaum einem Dorf dazwischen. Sicher, zwischen dem teils hohen Baumbestand war manches Mal der Sonnenstand nicht immer richtig zu sehen, aber wir hatten die Richtung in unserem inneren Kopass eingespeichert und bei später werden dem Tag ein Erfolgserlebnis nach dem anderen. Alle unsere angepeilten milestones bis hin zur notwendigen Tanke hatten wir gefunden. So hatten wir uns das Vowärtskommen immer erträumt, konnten es in den Anden mit dem auf Gipfel/Vulkane ausgerichteten Wegenetz aber nie so recht finden.

Bereits tief stand die Sonne, als ich durch den Duft der Eukalyptus-Bäume auf ein Mal das Meer riechen konnte. Zwei Biegungen weiter jubelten wir. Vor uns rollte mit schweren Wellen der kalte Pazifik in die lang gezogene Bucht. Zur Krönung dieses Tages gab es dann noch ein ordentliches Hotel in Quirihue mit WIFI und einem warmen Abendessen.